Die Seekühe sind neben Robben und Walen eine dritte Säugerordnung, die in der Evolution den Weg vom Land zurück ins Wasser beschritten hat. Im Gegensatz zu den anderen Meeressäugern ernähren sich Seekühe vegetarisch. Die Westindische Seekuh oder Manati (manatee; Trichechus manatus) bewohnt die Karibik, ihr Areal reicht nördlich bis nach Florida. Zwei verwandte Arten leben im Amazonas-Gebiet beziehungsweise in Westafrika.
Die bis zu drei Meter langen Manatis leben also sowohl in Salz- als auch in Süßwasser. Im Meer halten sie sich meist in seichten Küstenabschnitten, vor allem in Lagunen und Mangrovenwäldern auf. Sie sind aber auch in Brackwässern und Flüssen zu finden. Manatis brauchen Wärme und halten sich bevorzugt in über 20°C warmem Wasser auf. Da die Temperatur nicht unter 15°C sinken darf, suchen Manatis in Florida, am Nordrand ihres Verbreitungsgebietes, im Winter förmlich nach warmen Quellen.
Die Quellen des Crystal River, des Homosassa River und des Chassahowitzka River sind warm und haben auch im Winter eine konstante Wassertemperatur von 22°C. Auch Kühlwasseraustritte von Kraftwerken sind beliebte Sammelpunkte für Manatis.
Manatis gleiten gemächlich durch das Wasser, sie sind ja schließlich Weidegänger und keine Jäger. Bei Bedrohung erreichen sie aber kurzfristig Geschwindigkeiten von bis zu 25 Kilometer pro Stunde. Der Antrieb im Wasser geschieht hauptsächlich durch die abgerundete Schwanzflosse, die Vorderflossen dienen dem Manövrieren. Während die Vorderflossen Reste eines Armskeletts enthalten, sind im Gegensatz zu den Robben von den Hinterextremitäten keine Knochen mehr vorhanden. Um zu atmen, strecken sie nur die an der Oberseite der Schnauze liegenden Nasenlöcher aus dem Wasser. Die Dauer eines Tauchganges beträgt durchschnittlich vier, maximal 16 Minuten.
Die Hauptnahrung sind Wasserpflanzen, von denen ein bis zu 500 Kilogramm schweres Manati täglich etwa 10 Prozent seines Körpergewichtes verzehrt. In der Florida Bay sind die Seegraswiesen eine wichtige Nahrungsquelle. Die Oberlippe wird beim Abweiden eingesetzt. Sie ist weich und beweglich, wie der Rüssel eines Schweines. Zusammen mit der pflanzlichen Nahrung nehmen Manatis auch Kleintiere auf, es gibt aber auch Beobachtungen, dass aus Fischnetzen kleinere Mengen Fische aufgenommen wurden. Möglicherweise nutzen Manatis regelmäßig dies als zusätzliche Proteinquelle.
Die Fortpflanzung ist nicht saison-gebunden. Nach einer etwa einjährigen Tragzeit kommt üblicherweise ein einzelnes Jungtier zur Welt. Wie bei den Walen erfolgt die Geburt mit dem Schwanz voran. Neugeborene wiegen rund 10 bis 15 Kilogramm und können bereits an ihrem ersten Lebenstag schwimmen und selbständig Luft holen. Weibchen haben zwei Zitzen in der Achselregion, mit denen sie die Jungtiere säugen. Nach ein bis drei Monaten nimmt das Jungtier seine erste feste Nahrung zu sich, endgültig entwöhnt wird es erst mit ein bis zwei Jahren. Die enge Bindung der Mutter zu ihrem Nachwuchs bleibt aber noch lange erhalten. Weibchen erreichen die Geschlechtsreife mit drei bis vier Jahren, männliche Tiere mit rund neun bis zehn Jahren. Manatis können ein Alter von rund 60 Jahren erreichen.
Natürliche Feinde haben Manatis nur wenige. Haie, Krokodile und Schwertwale können Manatis gefährlich werden. Ein weiterer natürlicher Feind ist jedoch winzig klein: Rotalgen können im Zuge einer Algenblüte Giftstoffe freisetzen und zudem die Bestände an Seegraswiesen zum Schrumpfen bringen.
Neben Gewässerverschmutzung und Lebensraumzerstörung ist das Manati durch den Menschen direkt gefährdet. Manatis verfangen sich in Fischernetzen und ertrinken. Abgerissene und verschluckte Angelschnüre lassen ein Manati langsam verenden. Die Jagd auf Seekühe war in der Karibik weit verbreitet, ist aber seit Ende des 19. Jahrhunderts bereits untersagt. Wilderei ist zumindest in Florida eher unwahrscheinlich. Häufigste Todesursache sind jedoch Bootsunfälle, wenn nahe der Oberfläche ruhende Manatis von Schiffsschrauben verletzt werden. Solche Schnittverletzungen können zwar vernarben, sich aber auch entzünden und verschlimmern.
Überraschenderweise gibt es von diesem riesigen Tier nur sehr ungenaue Schätzungen über die Bestandesgröße in Florida. Die jährlichen Zählungen schwanken sehr stark, entweder werden viele Tiere übersehen oder es gibt Fluktuationen durch Zu- und Abwanderung. Ihre Zahl wird grob auf 1000 bis 3000 Tiere geschätzt.
Eine gute Chance zur Beobachtung dieser einzigartigen Tiere hat man auf den Keys an den Abschnitten, die der Florida-Bay zugewandt sind. Alle größeren Kanäle sind aber ebenfalls potentielles Manati-Gebiet, nicht nur in den Everglades, auch die flachen Gewässer um Cape Canaveral werden besiedelt. Während des Sommers wandern Manatis regelmäßig entlang der Atlantikküste bis hoch nach South Carolina, ein vereinzeltes, zuvor in Florida markiertes Tier wurde schon ganz im Norden bei Rhode Island gesichtet.
Wer in den Everglades kein Glück hatte, ein Manati zu sichten, dem sei der Besuch des Homosassa-Parks an der Golfküste westlich von Orlando zu empfehlen. Hier werden Manatis gehalten, die verwaist oder verletzt aufgefunden wurden und die nicht wieder ausgewildert werden konnten. Durch ein Unterwasserfenster hat man eine hervorragende Beobachtungsmöglichkeit. Im Delta des Crystal Rivers werden auch Schwimm- und Tauchgänge zu den Manatis angeboten. Bei den Silver Springs zwischen Orlando und Daytona hat man durch ein Glasboden-Boot eine gute Sicht auf die „Gentle Giants“.
Trotz ihrer gewaltigen Größe sind Manatis absolut ungefährlich. Treibt man ruhig im Wasser, weckt man unter Umständen die Neugier eines dieser Tiere und es nähert sich. Aber Vorsicht! Man kann schnell in Konflikt mit dem Gesetz kommen, wenn man ein Manati füttert, stört, verfolgt, in die Enge treibt oder ein Jungtier von der Gruppe abdrängt.